In Memoriam Ernst Meyer

In Memoriam Ernst Meyer, dit Ernst le Bec, dem wohl innovativsten Blockflötenbauer des frühen 21. Jahrhunderts, meinem geschätzten Freund und Weggefährten.

Vor einigen Tagen erreichte uns die schreckliche Nachricht über den Tod von Ernst Meyer. Wir sind alle tief traurig, schockiert und fühlen eine Leere in uns. Meine Gedanken sind bei all denen, die Ernst auch geliebt und geschätzt haben, vor allem aber bei seinen Söhnen Sebastian, Joel und deren Freundinnen. Diese Familie hat zusammen vor Kurzem ein neues Zuhause bei Hemberg im schweizerischen Toggenburg aufgebaut, wo sie in symbiotischer Weise miteinander gelebt, geforscht und gewirkt haben.

Als ich ein sechzehnjähriger Junge war, pilgerte ich zum ersten Mal ins Appenzeller Land zu Ernst Meyer. Ich wusste von ihm, man hatte mir gesagt, dass dort ein Flötenbauer mit viel Passion historische Instrumente handwerklich herstellt. So ist unser erster Kontakt entstanden, die Buben waren noch nicht mal auf der Welt, doch Ernst war bereits da in seiner starken, immer suchenden und so leidenschaftlichen Art.

Ich war begeistert, konnte das aber gar nicht genau einordnen. Und ich durfte bald meine ersten Meyer Flöten nach Hause nehmen, auf denen spielen, experimentieren, lernen, mich darauf auszudrücken und aber auch lernen, meine Gedanken und Erkenntnisse mit dem Blockflötenbauer Ernst Meyer zu teilen. Und genau dies war der Grundstein einer langjährigen Freundschaft zwischen Bauer und Spieler.

Wir haben uns immer mitgeteilt, was wir erwarten, wo die Grenzen liegen und wie wir das beste Resultat erzielen können. Wir haben Dinge zusammen entwickelt, wieder über den Haufen geworfen oder bis zur Perfektion getrieben. Und so ging es immer weiter: über die vielen Jahre wurden Ernst’s Instrumente Weltklasse und wurden erst von meinen Vorbildern, dann von mir und uns und mittlerweile von unseren Studenten und von der Young Generation bespielt, auf allen die Bühnen dieser Welt.

Ernst Meyer war ein passionierter Forscher, der immer ein großes Ziel hatte: Blockflöten mit einem runden, über alle Register vollen Klang zu bauen – erst untersuchte er die alten Originale, machte sich gleichgleichzeitig viele Gedanken über die Verbesserungen und vor allem über die Parameter, welche verändert werden müssen, um die klanglichen Möglichkeiten der alten Flöten in die heutigen Säle zu bringen und den heutigen Gegebenheiten anzupassen. Es war eigentlich nicht sein Ziel, einen neuen Blockflötenklang zu schaffen, vielmehr war es sein Verlangen, den reichen Klang einer historischen Flöte zu verbessern, zu vervollständigen und diese Ästhetik ins heutige Jetzt zu bringen. So hat er es als einziger geschafft, voluminöse und in allen Registern gut klingende Instrumente zu bauen, die auch in den großen Sälen nach einer wunderschönen Blockflöte und nicht einem neuartigen Instrument des 21. Jahrhunderts klingen können.

In diesem ganzen Vorhaben über die Jahre hinweg hat er viele Freunde, Kunden, oder sagen wir eher Weggefährten gefunden. Und Kritiker. Vor allem aber Spielerinnen. Und es ist eine Freude, seine Meisterwerke nun auf vielen CDs und in Konzerten live zu hören. Noch nie waren Blockflötenklänge so reich, so vielschichtig, so herausfordernd und erwachsen. Und dafür danke ich dir, lieber Ernst!

Du hinterlässt nicht nur eine Lücke, du wirst uns nicht nur fehlen, nein, es wird einen steinigen Neuanfang geben müssen ohne dich. Ich werde dich immer in Erinnerung behalten, deine Instrumente werden auch die nächsten Generationen beflügeln und Vorbilder für die Zukunft sein. Ich danke dir für alles, was du uns geschenkt hast.

RIP

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